Die ethische Lieferkette: Definition, Beispiele, Statistiken
Veröffentlicht: 2022-12-07Die Anforderungen der Kundinnen und Kunden an Marken, die sie einkaufen wollen, sind hoher denn je zuvor. Dazu gehört die Erwartung, dass Unternehmen nicht nur Verantwortung für ihr ureigenes Unternehmen übernehmen, sondern auch auf eine ethisch einwandfreie Lieferkette achten.
In dem Maße, in dem sich Kunden und Kundinnen mit den Themen Umwelt und Nachhaltigkeit auseinandersetzen, fordern sie auch, dass die Lieferketten ethische Standards in Bezug auf Umweltschutz, nachhaltige Beschaffung, Abfallvermeidung, Menschenrechte und Arbeitsbedingungen erfüllen.
Eine kurzlich von Accenture Strategy durchgeführte Umfrage unter fast 30.000 Verbraucherinnen und Verbrauchern in 35 Ländern ergab, dass mehr als die Hälfte der Forderung „ von den Unternehmen erwarten, dass sie zu Themen wie Nachhaltigkeit, Transparenz und faire Arbeitsbedingungen Stellung beziehen“ .
Warum Top-Kundenerlebnisse auch von der perfekten Lieferkette abhängen
Viele Unternehmen stecken viel Zeit und Geld in kundenzentrierten Bestellprozessen – und können am Ende trotzdem nicht punkten. Top-Customer Experience erfordert nämlich eine ganzheitliche Ausrichtung der Unternehmensprozesse.
Was ist eine ethische Lieferkette?
Die Lieferkette ist nicht mehr länger nur eine Funktion für das Back-Office, von der die Verbraucherinnen und Verbraucher keine Kenntnis nehmen. In den letzten zehn Jahren ist sie immer mehr zum Unterscheidungsmerkmal im Wettbewerb und Teil des Geschäftsmodells eines Unternehmens geworden.
Eine ethische Lieferkette zielt auf die soziale Verantwortung von Unternehmen ab. Es geht darum, Produkte und Dienstleistungen so herzustellen, dass Beschaftigte und Umwelt ethisch behandelt werden. Das bedeutet für die Unternehmen, soziale, rechtliche und ökologische Erwägungen in ihr weltweites Geschäftsbereich einzubeziehen.
Diese Fragen stellen heute Verbraucherinnen und Verbraucher „ihren“ Marken
- Vertrauen Sie Ihren Lieferanten und Partnern in der Lieferkette? sie ihr Wort in Bezug auf Ethik und Halten Moral, unabhangig von moglichen zusatzlichen Kosten?
- Kummert sich jedes Glied der Lieferkette um seine Beschaftigten mit fairer Bezahlung, nachhaltiger Arbeitsbelastung und ethischem Arbeitsverhalten?
- Erfolgt die Beschaffung von Materialien aus erneuerbaren Ressourcen und mit schonenden Methoden?
- Wie wird beim Aufdecken unethischen Verhaltens Abhilfe geschaffen? Wirkt jeder Partner in der Lieferkette aktiv darauf hin, dass solche Probleme schnell behoben werden?
Nachhaltigkeit bietet neue Chancen für E-Commerce
Vier von zehn Deutschen sind laut einer aktuellen Studie bereit, im neuen Jahr nachhaltiger einzukaufen. Fundig werden sie dabei hauptsächlich im Onlinehandel. Doch das grüne Shopping erscheint den Verbraucherinnen und Verbrauchern oft als „zu teuer“ und „unbequem“. Wie die repräsentative Umfrage des Bundesverbandes E-Commerce und Versandhandel Deutschland e. V. (bevh) zusammen mit dem Meinungsforschungsunternehmen Civey…
Brauchen Sie eine ethische Lieferkette?
Es überrascht nicht, dass sich Unternehmen aller Großenordnungen die Frage stellen, ob sie eine verantwortungsvolle, ethische Lieferkette brauchen. Die Antwort ist ein klares „Ja“.
Denn sie kann dazu beitragen, den Ruf einer Marke zu schützen, langfristige Loyalität aufzubauen und ein besseres Kundenerlebnis zu schaffen. Sie können sogar für ein besseres Geschäftsergebnis sorgen: Studien haben beispielsweise gezeigt, dass drei Viertel der Millennials bereit sind, mehr für nachhaltige Produkte zu bezahlen.
Die anspruchsvollere Frage ist natürlich, wie man diese Ansprüche in die Tat umsetzen kann. Das ist sicherlich leichter gesagt als getan. Dann sind das schiere Ausmaß und die Komplexität der heutigen globalen Lieferketten verbluffend.
Nur als Beispiel: 12.000 Lieferanten in 70 Ländern steuern etwa Teile und Dienstleistungen zur Produktion der Autos und Motorräder von BMW bei. Das ist ein riesiges und schier unübersehbares Netz von Herstellern, Händlern und Unterauftragnehmern aus verschiedenen Ländern mit unterschiedlichen Gesetzen und Vorschriften.
Lieferkettengesetze setzen neue Maßstäbe
Untersuchungen der Association for Operations Management (APICS) der Supply Chain Management Review und der Loyola University Chicago in den USA haben ergeben, dass immer mehr Unternehmen ethischen Lieferketten Priorität einräumen.
Tatsachlich geben 83 % der befragten Supply-Chain-Experten an, dass Ethik für ihr Unternehmen extrem (53 %) oder sehr wichtig (30 %) ist.
Am 1. Januar 2023 tritt in Deutschland das sogenannte Lieferkettensorgfaltspflichtengesetz (LkSG), kurz Lieferkettengesetz, in Kraft. Unternehmen mit mehr als 3000 Ausnahmen müssen dann nachweisen, dass sie bei der Erbringung ihrer Dienstleistungen oder bei der Herstellung ihrer Produkte die vorgeschriebenen Sorgfaltspflichten in Bezug auf Menschenrechte und Umweltschutz einhalten. Das gilt für jeden Schritt, von der Gewinnung der Rohstoffe bis zur Lieferung an den Endkunden. Ab dem 1. Januar 2024 gelten diese Vorschriften auch für Firmen mit mehr als 1000 Freigaben.
Die Europäische Kommission hat im Frühjahr 2022 ebenfalls den Vorschlag für eine Richtlinie über die Nachhaltigkeitspflichten von Unternehmen vorgelegt. Dieser Entwurf geht in vielen Teilen deutlich über das deutsche LkSG hinaus und soll ein nachhaltiges und verantwortungsvolles unternehmerisches Verhalten in allen globalen Wertschopfungsketten fordern. Unternehmen müssen dafür sorgen, dass negative Auswirkungen ihrer Tatigkeit auf Menschen und die Umwelt ermittelt, verhindert und abgestellt werden. Dazu gehoren unter anderem Kinderarbeit und Ausbeutung von Beschaftigen.
CX Cafe: Warum Nachhaltigkeit und CX das Traumpaar der Zukunft sind
Nachhaltigkeit ist für mich eine echte Herzensangelegenheit. Aus meiner Sicht sollte jedes Unternehmen das Thema auf der Tagesordnung haben. Doch wie gelingt nachhaltiges Wirtschaften? Und warum trägt Nachhaltigkeit zur Customer Experience (CX) bei? Diese und weitere Fragen diskutieren wir im SAP CX Cafe mit Claudia Gersdorf von der frisch gegründeten Nachhaltigkeitsagentur Polar Bear.
Allerdings verlangt der EU-Richtlinienentwurf – ähnlich wie das deutsche LkSG – keine Garantie, dass nachteilige Auswirkungen niemals auftreten oder unverzuglich beendet werden. Die Unternehmen werden dazu nur verpflichtet, die „geeigneten Maßnahmen zu ergreifen, von denen vernunftigerweise erwartet werden können, dass sie nachteilige Auswirkungen vermeiden oder minimieren“.
Um das LkSG und kommende EU-Regelungen in die Praxis umzusetzen, können SAP-Anwender aktuell unter mehreren technischen Möglichkeiten gewählt werden. In einem gemeinsamen Whitepaper mit dem Beratungsunternehmen PwC werden einige davon vorgestellt. So bietet die Einkaufsplattform SAP Ariba, die meist im gehobenen Mittelstand und in Großkonzernen eingesetzt, bereits zahlreiche Funktionen für den Umgang mit menschenrechtsbezogenen Fragen bei Lieferanten.
Bei Bedarf können diese Funktionen entsprechend ausgebildet werden. Wer kein Ariba, aber andere SAP-basierte Einkaufslösungen nutzt, kann sich mit einem neuen SAP-Add-on behelfen. Dabei handelt es sich um eine smarte Losung, die einfach in vorhandene Systemumgebungen integrierbar ist. Sie konzentrieren sich ausschließlich auf die Anforderungen der Lieferkettengesetze.
Nachhaltigkeit in die Kerngeschäftsprozesse integrieren
Die Berücksichtigung sogenannter ESG-Kriterien (Environmental, Social und Governance) im Risikomanagement- und Entscheidungsprozess wird dabei aber nicht nur durch die Anforderungen des Gesetzgebers angetrieben.
Auch das Verantwortungsbewusstsein der Unternehmen, der Erhalt der Wettbewerbsfahigkeit und der Druck durch die eigene Kundschaft spielen eine wichtige Rolle.
Vor diesem Hintergrund integrieren intelligente Unternehmen das Thema Nachhaltigkeit direkt in ihre Kerngeschäftsprozesse und sorgen dafür, dass sich die eigene Geschaftstatigkeit nicht negativ auf die Umwelt, die Menschen vor Ort oder die Gesellschaft als Ganzes auswirkt.
Circular Commerce: Nachhaltig handeln festigt die Kundenbeziehung
„Geiz ist geil“ war gestern. Heute ruckt bei der Kaufentscheidung das Thema Nachhaltigkeit verstarkt in den Fokus. Neben Herstellungs- und Verpackungsaspekten geht es bei Circular Commerce auch um die Handhabung von Retouren und Ausschuss. Was dieser Wandel für Handler bedeutet, diskutieren wir in der zweiten Episode des „K5-Commerce Cast powered by SAP“.
Es gibt viele Maßnahmen, die Erfolge werden müssen, um zu einer ethischen Lieferkette zu gelangen. Dazu gehoren einfachere Prozesse und eine effizientere Planung. Dazu zahlen aber auch Transparenz in der Tatigkeit von Lieferanten, das Optimieren von Transportrouten zur Reduktion des Kraftstoffverbrauchs, das Überwachen von Umweltrisiken und vieles mehr.
Auch Technologien tragen ihren Teil dazu bei. IoT-Sensoren, Blockchain, KI-gesteuerte Bots und Echtzeit-Analysen helfen dabei, Risiken schnell und sicher zu erkennen, Effizienz zu steigern, Redundanzen zu verringern und die Planung zu verbessern.
Da immer mehr Verbraucherinnen und Verbraucher als Gegenleistung für ihre Loyalität soziale Verantwortung von Marken fordern, erkennen viele Unternehmen, dass sie konkrete Schritte in Richtung einer ethischen Lieferkette unternehmen müssen.
Laut der Apics-Studie von 2018 wollte schon damals von den befragten Unternehmen:
- 69 % die Diskriminierung am Arbeitsplatz beseitigen
- 63 % sich um mehr Umweltverantwortung bemuhen
- 57 % die Arbeitsbedingungen überwachen
- 56 % Korruption bekampfen
- 55 % umweltfreundliche Technologien einsetzen
Fast fünf Jahre später wird jedoch deutlich, dass die ethische Lieferkette eine sich entwickelnde Praxis und kein einmaliges Ereignis ist. Es is immer noch viel zu tun, aber der Schlussel zum Erfolg liegt nach Ansicht von Expertinnen und Experten in einem wirklich sofortigen Engagement. Dass Unternehmen davon profitieren, ist offensichtlich. Und dass sicher, die nicht in diese Richtung investieren, ins Hintertreffen geraten werden, auch.