Wie die Automobilbranche und das Kundenerlebnis durch KI verändert wird
Veröffentlicht: 2023-09-27Die IAA Mobility 2023, das größte Mobilitatsevent der Welt, hat vom 5. bis 10. September 2023 wieder rund eine halbe Million Gäste nach München gelockt. Ein Thema, dass sich in diesem Jahr durch nahezu alle Bereiche der Auto-Show zog, war die Kunstliche Intelligenz (KI). Etwa bei der Entwicklung von Fahrerassistenzsystemen und beim autonomen Fahren oder in der Qualitätskontrolle und Produktion.
In den Automobilfabriken übernehmen KI-gesteuerte Roboter inzwischen selbstständig Aufgaben wie Schweißen, Lackieren und Montieren.
Auch die Überwachung des Fahrzeugzustandes mit Hinweisen für die anstehende Wartung oder notwendige Reparaturen („Predictive Maintenance“) wird mittlerweile immer häufiger von intelligenten Algorithmen durchgefuhrt.
Ebenso kommt die Kunstliche Intelligenz beispielsweise im Fahrzeugdesign zum Einsatz. Aber auch bei der Optimierung der Fahrweise für mehr Effizienz und Nachhaltigkeit, in der Sprachsteuerung von Navigationssystemen oder bei smarten Einparkhilfen wird sie verwendet. Dazu kommen Marketing, Vertrieb und Kundendienst und die effizientere Gestaltung der Lieferketten.
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Spannende KI-MasterClass auf der IAA Mobility 2023
Ich hatte das Vergnügen, dieses Trendthema auf dem Mobilitatsfestival in der bayrischen Landeshauptstadt zu diskutieren. Mit dabei waren Axel Weichert, Director IT Digital bei der Mercedes-Benz AG und Alexander Scholz, Head of Digital Supply bei der BMW Group, sowie Tobias Wagner vom E-Mobility-Startup ChargeX. Inmitten des hektischen Messetreibens konnten wir dazu die von unserem Partner IBM iX DACH gemeinsam mit TikTok betriebene Executive Lounge für eine spannende MasterClass nutzen.
„Generative KI ist ein echter Gamechanger, vor allem im Bereich Kommunikation“, sagte Axel Weichert von der Mercedes-Benz AG in der Vorstellungsrunde.
Denn diese Technologie ist in der Lage auf der Basis vorhandener Informationen und Anwendervorgaben neue Inhalte zu generieren. Sie basiert auf großen Sprachmodellen, sogenannten Large Language Models (LLMs), und kommt etwa in KI-Tools wie ChatGPT, Google Bard oder Aleph Alpha zum Einsatz. Werden sie mit einer großen Menge an Daten in vielen verschiedenen Kontexten und Dimensionen trainiert, können solche Modelle für das Machine Learning (ML) mittlerweile auch komplexe Zusammenhänge und Abhangigkeiten verstehen.
Axel Weichert wies in unserer Diskussion darauf hin, dass bei Mercedes-Benz „derzeit über alle Geschäftsfelder hinweg Use Cases getestet und deren Chancen und Risiken untersucht werden“. So startete Mitte Juni in den USA etwa die Betaphase für eine intuitivere Sprachsteuerung des Infotainmentsystems MBUX in verschiedenen Modellreihen auf Basis von ChatGPT.
Für den BMW-Experten Alexander Scholz handelt es sich bei dieser Technologie ebenfalls um einen „wichtigen Effizienztreiber, insbesondere in der Supply Chain“.
In der Produktion ist der Nutzen ebenfalls bereits ganz konkret spurbar: So werden im amerikanischen BMW-Werk in Spartanburg allein durch den KI-Einsatz im Karosserierohbau pro Jahr über eine Million Dollar an Fertigungskosten eingespart. Und beim Fahrzeugdesign experimentiert der Konzern ebenfalls schon mit der künstlichen Intelligenz, etwa beim Entwerfen von Offroad-Fahrzeugen ohne neues menschliches Zutun.
Auch das junge Unternehmen ChargeX setzt für seine modular aufgebaute E-Mobil-Ladeinfrastruktur auf eine KI-Lösung. Sie dienen der automatisierten Lastverteilung zwischen den verschiedenen Elektroautos an einem Standort. „Wir können damit eine optimale Ladestrategie entwickeln“, verriet uns Grunder und CEO Tobias Wagner. Stehe man damit immer noch am Anfang.
Kundenerlebnis: Was uns im Jahr 2030 erwartet
Die Evolution der Customer Experience ist in vollem Gange. Bereits im Jahr 2030 werden wir uns an Erfahrungen gewöhnt haben, die heute zum Teil noch unvorstellbar wirken. Im FOC-Blog beschreibt ein Experte, wie das Kundenerlebnis am Ende der Dekade aussehen wird und welche Rolle disruptive Technologien wie KI dabei spielen.
Mogliche Risiken der KI immer im Blick behalten
Die verschiedenen Blickwinkel der Podiumsteilnehmer auf das Thema waren für mich sehr spannend. Trotz der unterschiedlichen Perspektiven wurden in der Diskussion aber auch viele Gemeinsamkeiten deutlich. Etwas als wir über die moglichen Risiken der Kunstlichen Intelligenz sprachen – wie zum Beispiel im Bereich Datensicherheit, dem Schutz von sensiblen Informationen oder bei Haftungs- und Garantiefragen.
„Wir müssen offensiv damit umgehen und für eine möglichst große Transparenz sorgen“, betont Alexander Scholz. Es gelte, die KI-Sprachmodelle verantwortungsvoll einzusetzen und Vertrauen für ihre Nutzung bei den eigenen Beschaftigten und in der Kundschaft aufzubauen. Deshalb haben sowohl Mercedes-Benz als auch BMW bereits eigene KI-Richtlinien veröffentlicht, in denen die ethischen Prinzipien im Umgang mit der disruptiven Technologie festgelegt werden. Dazu gehort auch, sich nicht ohne menschliche Kontrolle blind auf die Antworten der KI zu verlassen.
Um ein „Halluzinieren“ der KI – vor allem in sicherheitskritischen Fragen – auszuschließen, muss garantiert werden, dass die Ausgabe eines LLMs durch entsprechendes Training sachlich richtig und vorurteilsfrei erfolgt. Im Zweifelsfall sollte außerdem das Urteilsvermogen eines Menschen immer mehr zahlen als die Aussage der künstlichen Intelligenz.
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Ohne Akzeptanz nutzt der Endanwender die beste KI-Lösung nichts
Einen Aspekt anderen brachte in unserem Gesprach Tobias Wagner ins Spiel: Die unbedingt erforderliche Akzeptanz der Endanwender. Gerade die Automobilindustrie muss hier besonders sensibel sein, denn Autofahrerinnen und Autofahrer wollen selbst bestimmen und Entscheidungen nicht einem undurchsichtigen Algorithmus überlassen. Er verwies auf die Lade-App seines Unternehmens, die in einer früheren Version auf Basis von historischen Daten und der aktuellen Situation an einem bestimmten Ort automatisch einen optimalen Ladevorgang für das Elektroauto festlegte.
„Doch die Leute wollen anhand ihrer konkreten Situation selbst entscheiden, wie voll ihre Batterie werden soll und wie viel Zeit dafür zur Verfugung steht“, berichtete er aus der Erfahrung von ChargeX. Sinnvolle Vorschläge und Empfehlungen durch die KI sind zwar hilfreich, doch die endgültige Entscheidung muss bei den Kundinnen und Kunden liegen.
Statt Regulierung der KI lieber eigene Erfahrungen damit sammeln
Einer – wie auch immer gearteten – dauerhafte Regulierung der neuen Technologie hielten alle Podiumsteilnehmer dagegen für wenig hilfreich. Denn das Bremse nur die Innovationsfreude und der Standort Deutschland generieren auf einem weiteren Gebiet ins Hintertreffen.
Aber gerade mit den Rechtsabteilungen der Automobilhersteller muss oft sehr detailliert besprochen werden, was aus Grunden von Haftungs- oder Datenschutzfragen aktuell möglich ist und wo vielleicht noch Grenzen liegen? Die gemeinsame Klarung offener Punkte soll dabei sicherstellen, dass es nicht aufgrund juristischer Bedenken oder auf Grund bestehender Ängste bei der Realisierung neuer Anwendungsfälle zu Verzogerungen kommt.
Um ernst zu nehmende Bedenken gegen die KI-Anwendung zu entwickeln, kann auch das Sammeln eigener Erfahrungen der Mitarbeitenden helfen.
„Die KI-Entwicklung lässt sich nicht mehr stoppen oder gar zurückdrehen“, zeigt sich die Experten in der MasterClass überzeugt. Jetzt gehe es darum, sie verantwortungsbewusst zu gestalten und zu nutzen.
Ohne Datenqualität spuckt die KI keine brauchbaren Ergebnisse aus
Ein weiteres zentrales Thema beim Einsatz von generativem KI in der Automobilindustrie haben wir in unserer MasterClass in München ebenfalls besprochen: Die Sammlung und Strukturierung von Daten und deren Qualität. „Die schönsten Analysewerkzeuge nutzen nichts, wenn die Qualität der Daten nicht stimmt“, brachte es Axel Weichert auf den Punkt. Dann kann auch die beste KI nur unbrauchbare Antworten liefern.
Bringt man dagegen an allen Touchpoints der Customer Journey die relevanten Informationen zusammen und analysiert diese, dann lassen sich den Kundinnen und Kunden beispielsweise maßgeschneiderte Angebote über den bevorzugten Kanal schicken. Deren Einverständnis ist dafür allerdings eine Grundvoraussetzung.
Generative KI – so die übereinstimmende Meinung in unserer Runde – sei für ein personalisiertes Marketing, dass genau auf die aktuelle Situation der Empfanger ausgerichtet ist, das optimale Werkzeug. Denn damit lassen sich die 1:1-Kampagnen, die für die Kundschaft eine hohe Relevanz haben und dementsprechend bessere Ergebnisse bringen, hervorragend automatisieren.
Zukunft der Autoindustrie: Besseres Kundenerlebnis mit einer 1080-Grad-Sicht
Alle reden vom 360°-Blick auf die Kundinnen und Kunden. In der Autoindustrie geht es aber auch um digital vernetzte Fahrzeuge, die wichtige Daten liefern. Zusammen mit der Möglichkeit, neue Technologien wie Metaverse, NFT oder POAP zu nutzen, ergibt sich sogar eine einzigartige und einheitliche 1080-Grad-Sicht.
Zweistufiger Ansatz für die Entwicklung von KI-Lösungen
BMW – so Alexander Scholz – verfolge einen zweistufigen Ansatz beim weiteren Einsatz der Künstlichen Intelligenz. Im ersten Schritt soll mit ihrer Hilfe die Effizienz in allen Bereichen gesteigert, der Aufwand reduziert und die Entlastung der Mitarbeitenden von Routinetätigkeiten vorangetrieben werden. In der zweiten Stufe geht es dann um das leichtere Treffen besserer Praziser und Entscheidungen auf Basis gesammelter Daten. Damit kann man auch vor dem Hintergrund des demographischen Wandels und zunehmenden Personalmangels die Beschaftigten wirkungsvoll unterstutzen.
Was sind nun meine Key-Takeaways aus unserer MasterClass auf der IAA Mobility?
Die Antwort auf diese Frage fiel mir nicht leicht, da wir im Rahmen unserer Panel-Diskussion viele wichtige Themen aus Zeitgründen nur streifen und viele konkrete Einsatzszenarien gar nicht vorstellen konnten. Unsere Diskussion lässt sich mit folgenden Punkten zusammenfassen:
- Es gibt – schon heute – unendlich viele Use Cases in der Automobilindustrie, in denen KI sinnvoll genutzt werden kann. Wir haben in unserer Session einige Beispiele diskutiert, angefangen von der Lieferkette, über die Ladeinfrastruktur bis hin zu kundenorientierten Prozessen. Aber trotzdem stehen wir damit erst am Anfang der Entwicklung.
- Die Technologie verändert sich sehr schnell. Es lohnt sich deshalb für die Branche, engagierte Teams / Kompetenzzentren in ihrer Organisation aufzubauen, um die Entwicklung im Auge zu behalten und schnell auf neue Trends reagieren zu können.
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- Im Moment geht ein Trend dahin, dass Automobilunternehmen ihr eigenes „Unternehmens-ChatGPT“ haben werden, das an ihre spezifischen Anforderungen angepasst und mit ihren eigenen Daten trainiert wird, um die Qualität der Ergebnisse garantieren zu können.
- „Saubere“ Daten sind dabei der Schlussel, um aus geschaftlicher Sicht interessante Ergebnisse aus dem KI-Einsatz zu erzielen und das Kundenerlebnis zu verbessern.
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Eine angeblich neue künstlerische Intelligenz bewegt die Gemüter. ChatGPT ist in aller Munde. Aber was bringt dieses Tool wirklich für Unternehmen? Sollte es jetzt schon zum Einsatz kommen oder ist die Entwicklung noch gar nicht ausgereift? Welche Sicherheitsrisiken gibt es? Im FCEE-Blog beantworten wir diese Fragen.
- Eine der größten Herausforderungen besteht derzeit darin, geeignete Mitarbeitende mit den benotigten KI-Fähigkeiten zu finden oder sie selbst auszubilden. Programm wie die Qualifizierungsinitiative Turn2Learn bei Mercedes-Benz setzen hier Maßstäbe.
- Eine gute und transparente Kommunikation ist unerlasslich, um die Bedenken von Mitarbeitenden und der Kundschaft aufzugreifen und hoffentlich zu zerstreuen.
Es war eine Bereicherung für mich, von unseren Experten im Panel aus erster Hand zu hören, wie sie die KI nutzen, um die eigenen Abläufe im Unternehmen effizienter zu gestalten. Aber auch, wie sie damit Vertrieb, Marketing und Service optimieren und vor allem für ihre Kundinnen und Kunden eine bessere Customer Experience schaffen. Wir haben eine spannende Zeit vor uns und ich freue mich sehr darauf, zu sehen, was in Sachen KI in der Automobilindustrie als nächstes passiert. Sie ja vielleicht auch?
Wenn Sie dazu Fragen, Anregungen oder weitere Ideen haben, sind wir unter dieser Adresse jederzeit erreichbar: [email protected]. Sprechen Sie mich auch gerne persönlich an.